Unwetter an Pfingsten

„Von teureren Tarifen ist auszugehen“

Die ersten Versicherer machen die Absicherung vor Hochwasser obligatorisch. Zudem besteht Handlungsbedarf, da sich der Elementarschutz weiter verteuern dürfte. Interview mit Matthias Land, Vorstand der Deutschen Aktuarvereinigung und Vorsitzender des Ausschusses Schadenversicherung.

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13:05 Uhr | 21. Mai | 2024
Matthias Land, Vorstand der Deutschen Aktuarvereinigung und Vorsitzender des Ausschusses Schadenversicherung

Matthias Land, Vorstand der Deutschen Aktuarvereinigung und Vorsitzender des Ausschusses Schadenversicherung

| Quelle: DAV

Starkregen und Überschwemmungen haben am Pfingstwochenende für große Schäden in einigen Gemeinden gesorgt. Für die Hausbesitzer ist nun entscheidend: Haben Sie eine Versicherung gegen Elementarschäden oder nicht. Aus der Politik werden wieder Rufe laut, eine Elementarschadenpflichtversicherung müsse her.

procontra sprach mit Matthias Land, Vorstand der Deutschen Aktuarvereinigung und Vorsitzender des Ausschusses Schadenversicherung über eine Elementarschadenpflichtversicherung und wie es um die Prämienhöhe steht.

procontra: Warum berücksichtigen Versicherer jetzt Sturzfluten in ihren Risikomodellen?

Matthias Land: Das liegt, wie der GDV es auch erläutert, am Klimawandel und den höheren Wahrscheinlichkeiten eines Eintritts solcher Extremereignisse. Das muss berücksichtigt werden, wenn es die Datenlage zulässt. Ansonsten würde eine solide Kalkulation erschwert und mitunter wäre auch die Versicherbarkeit von Schäden schwieriger.

procontra: Was bedeutet das in der Praxis? Wird ein Abschluss einfacher oder schwieriger?

Land: Ob ein Abschluss schwieriger oder einfacher wird, können wir nicht beurteilen, da hier auch die Beratungskompetenz des jeweiligen Maklers hineinspielt. Die Notwendigkeit von Elementarschadenabsicherungen wird jedenfalls größer – das sollte sicher auch in der Beratung deutlich werden. Insgesamt gehen höhere Risiken mit höheren Kosten einher. Im Markt ist von teureren Tarifen auszugehen. Aber man kann nicht pauschal und in jedem Falle von höheren Prämien sprechen. Bei einer risikoorientierten Bepreisung werden auch die Prämien unterschiedlich ausfallen.

procontra: Lassen sich Elementarschäden überhaupt noch zu vertretbaren Prämien versichern?

Land: Die Prämienhöhe ist sehr individuell, genauso wie die Wahrnehmung, was als „vertretbar“ gelten kann. Auf ganz Deutschland betrachtet kann man festhalten, dass sich Elementarschäden durchaus vielfach zu moderaten Prämien versichern lassen.

procontra: Wäre eine bundesweite Pflichtversicherung nicht sinnvoll?

Land: Das ist eine politische Entscheidung. Aus unserer Sicht sind, ob Pflicht oder weiterhin freiwillig, drei Säulen zu beachten: 1. Es muss risikoorientiert versichert und bepreist werden. Nur dann kann eine faire und solide Kalkulation erfolgen. 2. Es muss mehr in Sachen Prävention getan und gefördert werden. Dazu zählen wir private Investitionen in den eigenen Schutz und staatliche Maßnahmen – zum Beispiel eine stärkere Berücksichtigung von hohen Risiken beim Ausweisen von Bauland und beim Hochwasserschutz. 3. Es braucht einen effektiven Kumulschutz. Denn Elementarschäden treten meist kumulartig, also großflächig auf und stellen somit ein außergewöhnlich großes Schadenpotenzial dar, das von Erstversicherungsunternehmen nicht allein getragen werden kann. Die private Rückversicherungswirtschaft ist prädestiniert für die Aufgabe des Schutzes gegen katastrophale Naturereignisse. Rückversicherer sind geografisch stark diversifiziert und können regionale Risiken auf diese Art gut ausgleichen. Ein staatlicher Kumulschutz ist denkbar, aber aus unserer Sicht die zweite Wahl.